Aller guten Dinge sind drei. Und so stellt sich auch die dritte Ausgabe des jungen Münchner und Regensburger Filmfests die Frage nach dem Mittelpunkt Europas. Wie sieht es in diesen angespannten Zeiten im Inneren unserer östlichen Nachbarn, den Slowaken, Ungarn, Tschechen und Polen aus, und was für Spiel- und Dokumentarfilme entstehen daraus? Eines ist sicher: Auch der aktuelle Jahrgang des MITTEL PUNKT EUROPA FILMFESTS hält wieder zahlreiche filmische Entdeckungen aus dem geografischen, kulturellen und historischen Mittelpunkt unseres Kontinents bereit.

 

Ob mit schrägem Humor wie beim politisch herrlich inkorrekten Eröffnungsfilm „Lajkó – Cigány az űrben Lajko | Gypsy in Space“ von Balázs Lengyel, ob als sensibles Porträt einer jungen Psychiatriepatientin in „Špina | Filthy“ von Tereza Nvotová oder in Form von Momentaufnahmen durchdrehender Großstädter in „Atak Paniki | Panic Attack“ von Paweł Maślona: An neun Abenden im Münchner Filmmuseum (28. Februar – 10. März) und an fünf Abenden in der Regensburger Filmgalerie im Leeren Beutel (1. – 5. März) bieten sich mit insgesamt dreizehn Spiel- und Dokumentarfilmen Innenansichten mittelosteuropäischer Lebenswelten.
 
Neben der Slowakei, Ungarn, Tschechien und Polen richtet sich der Fokus auf das Gastland Ukraine. Die Kiewer Regisseurin Marina Stepanska wird ihren mehrfach ausgezeichneten Debütfilm „Стрімголов | Falling“ vorstellen. Spannung verspricht außerdem das in München gezeigte filmische Fünf-Länder-Projekt zur Niederschlagung des Prager Frühlings „Okupácia 1968 | Okkupation 1968“.
 
Vier Studierende einer der berühmtesten Filmhochschulen der Welt gestalten mit ihren Produktionen eine besondere Soirée: BEST OF FAMU nimmt das Publikum direkt mit in die Prager Filmová a televizní fakulta Akademie múzických umění (FAMU). Die Kunst des Filmemachens können Regensburger Studierende direkt von den Profis lernen – im Rahmen eines zweitägigen Medienworkshops mit Dozenten der FAMU.
 
 
Das Festival zeigt zwei aktuelle slowakische Filme:
 

FR 1. MÄRZ 18:30 UHR: ŠPINA | FILTHY

 
SK / CZ 2017, 87 MIN., OmeU
REGIE: TEREZA NVOTOVÁ
Darsteller: Dominika Morávková-Zeleníková,
Anna Rakovská, Anna Šišková, Róbert Jakab
Zu Gast: Regisseurin Tereza Nvotová
 

Schmutziggrau wie die Mauern der psychatrischen Klinik in Bratislava, so schmutziggrau sieht es auch in Lena selbst aus, die hier nach einem Suizidversuch behandelt wird. Elektroschocks und Medikamente treiben die Siebzehnjährige immer tiefer in die innere Abschottung. Dabei versprach ihr das Leben noch kurz zuvor Freiheit und Abenteuer – bis sie von ihrem Nachhilfelehrer vergewaltigt wird. Dieses Stigma haftet an ihr, wie Schmutz, der sich nicht abwaschen lässt. Die Grenzen in Lenas Inneren verwischen. Wer ist Opfer? Wer ist Täter? Sie bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Tereza Nvotovás Spielfilmdebüt schildert nicht nur die Facetten eines Missbrauchs, sondern ist zugleich eine erschütternde Kritik am Umgang mit psychisch Kranken in der Slowakei.
 
Ausgezeichnet mit dem Preis der tschechischen Filmkritik für den besten Film 2017, mit einem Tschechischen Löwen für den besten Schnitt, Siegerfilm des Art Film Festivals Košice, des Exground Filmfests in Wiesbaden, des Valladolid International Film Festivals in Seminci u. w.
 
 

SO 3. MÄRZ 21:00 UHR: MEČIAR | THE LUST FOR POWER

 
SK / CZ 2017, 89 MIN., OmeU
REGIE: TEREZA NVOTOVÁ
Mitwirkende: Vladimír Mečiar, Tereza Nvotová,
Milan Žitný, Fedor Gál, Petr Pithart, Václav Klaus
Zu Gast: Regisseurin Tereza Nvotová
 
Mečiar war überall. Als Kind sei ihr daher nicht klargewesen, dass es sich um einen echten Menschen handelt: So beginnt Tereza Nvotová ihren Dokumentarfilm über die 1990er Jahre in der Slowakei. Trotz anfänglicher Euphorie geriet das Land nach der Wende in eine schwere Krise. Unter der autokratischen Regierung des Populisten Vladimír Mečiar breiteten sich Korruption und mafiöse Strukturen aus. Während die Nachbarländer Polen, Tschechien und Ungarn zu den EU-Beitrittsverhandlungen eingeladen wurden, blieb die Slowakei wegen zahlreicher Verstöße gegen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ausgeschlossen. Nvotová rekonstruiert die politische Entwicklung und verwebt sie mit ihrer eigenen Familiengeschichte. Dabei lässt sie auch Vladimír Mečiar selbst zu Wort kommen. Eindringlich zeigt sie, wie leicht und schnell eine Demokratie auf Abwege geraten kann – angesichts der europaweiten Erfolge der Populisten gewinnt der Film an Relevanz über die Grenzen der Slowakei hinaus.
 
Mehr Informationen und das ganze Programm finden Sie auf der Webseite des Festivals oder auf Facebook:
http://www.mittelpunkteuropa.eu/
www.facebook.com/mittelpunkteuropafilmfest