Für die zweite Ausgabe des Münchner – und jetzt auch Regensburger – Filmfests MITTEL PUNKT EUROPA stellt sich die Frage nach der Lebenswirklichkeit in Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei unvermindert aktuell. Europa sortiert sich immer wieder neu. Auch deshalb ist es in Deutschlnd wichtig, Klischees und das Unverständnis gegenüber den östlichen Nachbarn zu überwinden. Der Historiker Karl Schlögel spricht von einer „Selbstprovinzialisierung“ als Folge des Verlustes der Beziehungen nach Osten. Dem wollen die Veranstalter entgegen wirken und begeben sich erneut auf eine filmische Entdeckungsreise ins Herz Europas.
 
An neun Abenden im Münchner Filmmuseum (1.– 11. März) und an vier Abenden in der Regensburger Filmgalerie im Leeren Beutel (4.– 7. März) bieten sich Einblicke in die unterschiedlichsten Lebenswelten: Wie ergeht es einem syrischen Flüchtling, der an der ungarisch-serbischen Grenze plötzlich abhebt („Jupiter’s Moon“), wie gestaltet eine fintenreiche Lehrerin in Bratislava ihre Arbeitstage („The Teacher“), oder wie sieht die Gedankenwelt eines ebenso bedrohlichen wie unfreiwillig komischen Neonazis in der mährischen Provinz aus? („The White World According to Daliborek“).
 
Viele Gäste – Regisseure und Darsteller, freuen sich, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Neben Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei richtet sich der Fokus in diesem Jahr auch auf das Gastland Belarus. Wie stark sich dort die Kreativität dem repressiven Klima zum Trotz Bahn bricht, ist beim Gespräch mit dem Regisseur und Drehbuchautor Andrei Kureichik zu erfahren.
 
Das Festival zeigt drei aktualle slowakische Filme:
 

Čiara | The Line

SK/UA/CZ 2017, 108 Min., OmeU
Regie: Peter Bebjak
Darsteller: Emília Vášáryová, Tomáš Maštalír, Zuzana Fialová, Stanislav Boklan
Zu Gast: Regisseur Peter Bebjak
 
Herbst 2007: Zigaretten, Alkohol und Flüchtlinge passieren nahezu ungehindert die slowakisch-ukrainische Grenze. Dahinter steht ein ausgeklügeltes Mafia-System, das nicht zuletzt dank der korrupten Grenzpolizei reibungslos funktioniert. Doch dann plant die Slowakei dem Schengen-Raum beizutreten. Dies bedroht die kriminellen Strukturen und damit auch die Existenz des Familienvaters Adam Krajňák, Kopf einer slowakischen Schmugglerbande. Der Druck auf ihn wächst, auf den gefährlicheren, aber ertragreicheren Drogenhandel umzusteigen. Regisseur Peter Bebjak gelingt mit „The Line“ ein unkonventioneller, hochaktueller Kriminalthriller.
 
Ausgezeichnet für die beste Regie beim Chicago International Film Festival sowie auf dem Karlovy Vary International Film Festival 2017.

 

Učiteľka | The Teacher

SK / CZ 2016, 102 Min., OmeU
Regie: Jan Hřebejk
Darsteller: Zuzana Mauréry, Peter Bebjak, Csongor Kassai,
Martin Havelka, Zuzana Konečná, Ondřej Malý

 
Bratislava in den 1980er Jahren: Ein neues Schuljahr und eine neue Klasse bieten für die Lehrerin und lokale Parteivorsitzende Mária die Gelegenheit, sich durch das Prinzip „eine Hand wäscht die andere“ das Leben noch ein Stückchen leichter zu machen. Was ist schon daran verwerflich, wenn eine Mutter ihr die Haare umsonst frisiert oder ein Taxi fahrender Vater sie gelegentlich chauffiert? Schließlich bekommen die Kinder dafür gute Noten. Irgendwann aber reicht es einigen Eltern und sie versuchen, die Klassenzimmer-Despotin zu stürzen. Mit dieser beißenden Alltagskomödie über alltägliche Korruptionen, Machtmissbrauch im Kleinen und die moralischen Grenzen der Hilfsbereitschaft zeigt sich Regisseur Jan Hřebejk in Bestform.
 
Ausgezeichnet für die beste weibliche Schauspielleistung (Zuzana Mauréry) auf den Internationalen Filmfestspielen in Karlovy Vary 2016
 

Piata loď | Little Harbour

SK/CZ 2017, 85 Min., OmeU
Regie: Iveta Grófová
Darsteller: Vanessa Szamuhelová, Matúš Bačišin,
Katarína Kamencová, Johanna Tesařová
 
In einem verlassenen Gartenhaus kümmern sich die zehnjährige Jarka und der Nachbarsjunge Kristián liebevoll um ein Zwillingspaar. Aber Jarka und Kristián sind nicht die Eltern, sondern selbst noch Kinder. Sie bauen sich ihre eigene Welt auf, in der sie den Findelkindern einen „kleinen Hafen“ aus Zuneigung und Fürsorge bieten. Diese Wunschwelt kommt ihren Träumen von einer richtigen Familie näher als die bittere Realität. Denn damit ist Jarkas Mutter Lucia überfordert und überlässt die Zehnjährige sich selbst. Und auch für Kristián bietet das Abenteuer eine Möglichkeit, seinem eintönigen Alltag und der übertriebenen Fürsorglichkeit seiner Eltern zu entfliehen. Doch wie lange kann die erträumte Familienidylle halten? Ein poetischer Film, der von wahren Begebenheiten inspiriert wurde.
 
Ausgezeichnet mit dem Gläsernen Bären in der Kategorie Generation Kplus auf der Berlinale 2017, Siegerfilm des Neisse Film Festivals 2017
 
Das Programmheft mit einer Übersicht aller Filme finden Sie hier. 
 
 
Das MITTEL PUNKT EUROPA FILMFEST 2018 wird veranstaltet vom Tschechischen Zentrum München (Festivalleitung: Anett Browarzik) und dem Europaeum. Ost-WestZentrum der Universität Regensburg. Partner sind u. a.: Filmmuseum München, Regensburger Filmgalerie Leerer Beutel, Ahoj Nachbarn e. V., Institut für Medienwissenschaften an der Universität Regensburg, Evangelisches Bildungswerk, Czech Film Center, Slovak Film Institute.
 
Quelle und weitere Informationen: http://www.mittelpunkteuropa.eu